Verein
Recreate St. Margareta
Die Veranstaltungsreihe im Waldviertel
ZVR 39 80 58 003
Kirchenplatz 41
3920 Groß Gerungs
Intendant Johannes Wohlgenannt
+43(0)664 8737065
office@recreate.at
www.recreate.at
www.jwz.at
recreate, lateinisch:
„Erholet Euch! Erschafft Euch neu!“
Sie bedeutet auch die freie Zeit, die Zeit der Rekreation, der Mönche im Kloster.
Vorstand
Stand 2023
Foto Wohlgenannt © Bernhard Krause
Weitere Fotos privat, z.V.g.
Johannes Wohlgenannt
Initiator, Intendant
Anna Katharina Wohlgenannt
Obfrau
Ulrike Wagner
Obfrau-Stellvertreterin
Lena Maria Lugmayr
Schriftführerin
Vinzenz Lichtenwallner
Kassier
Interview
„Ich hab nichts zu feiern, ich hab ein Programm“
Interview mit Johannes Wohlgenannt anlässlich recreate. 2012
Juni 2012, geführt von Anna Katharina Wohlgenannt
A.W: Die Veranstaltungsreihe, die du vor bald 12 Jahren ins Leben gerufen hast, heißt recreate. Wie bist du zu diesem Namen gekommen?
J.W.: Das ist eine super Bezeichnung für das, was ich machen will, weil für mich im Wort recreate die ganze Dimension unseres Daseins steckt.
Im Wortstamm steckt Kreator (der Schöpfer) – Kreatur – (wir Geschaffene) – Kreation (was wir schaffen) und imPräfix Re- steckt die Aktivierung dieses Bewusstseins. Wir besinnen uns darauf, wo unser Platz in dieser Welt ist. Im Geiste können wir in allen drei Begriffen sein. Den richtigen Umgang damit zu finden, ihn immer wieder neu zu erfinden, ist das, was uns Menschen zu Menschen macht, worüber wir uns als Menschen definieren.
A.W: Du hast zu dem Zeitpunkt, als du recreate zum ersten Mal veranstaltet hast – das war im Jahr 2000 – ja selber noch gar nicht lange im Waldviertel gelebt. Wolltest du, indem du als relativer Neuankömmling recreate ins Leben gerufen hast – Teil dieser Region werden?
J.W.: Ich bin 1995 ins Waldviertel gezogen und hab mich da gleich total wohl gefühlt.
Mir hat die Gegend so gefallen… diese Landschaft, das Klima. Die Orte wie Oasen – in einer Senke meistens mit einem kleinen Bächlein. Die südböhmisch beeinflusste Architektur der Häuser und Ortsgestaltung… echt schön! Ich habe also von Anfang an eine starke Verbindung zu dieser Region gespürt. Mein Motiv für die Gründung von recreate war, den spezifischen Charakter dieses Ortes, die Landschaft, in die er eingefügt ist, die Menschen, die da wohnen und leben – kurz – diese konkrete geographische und soziale Situation in Verbindung zu bringen mit kreativen Bewegungen und Ausdrucksformen, die auf der ganzen Welt existent sind.
A.W: Wie hat sich dieser Gedanke konkret ausgewirkt? Was für Programme hast du entwickelt?
J.W.: Ich hab mit Themen angefangen, die auch für den Ort sehr interessant waren. Zum Beispiel wollte ich eine Schule für Musiktherapie nach Groß Gerungs bringen. Diesem Gedanken folgend gab es in der ersten Ausgabe von recreate ein Symposium mit einem Professor aus Wien, einem Musiktherapeuten und einem Arzt des für den Ort sehr wichtigen Herz-Kreislauf-Zentrums. Aus der Sache ist dann nichts geworden. Dann habe ich angefangen, jene Musik zu veranstalten, von der ich herkomme – zeitgenössische Musik. Das war schrecklich für die Groß Gerungser Bevölkerung. Damit hab ich fast alle, die sich für die Veranstaltungsreihe interessieren könnten, aus dem Saal gejagt. Es hat dann ein paar Jahre gedauert, bis ich ein Stammpublikum gewinnen konnte.
A.W: Du betonst des Öfteren, dass sich recreate nicht als Festival versteht. Warum?
J.W.: Ich habe immer gesagt: Ich habe nichts zu feiern, ich hab ein Programm – wo es um mehr geht, wie um ein Festival zu machen. Da geht es um was anderes. Seit einigen Jahren aber läuft recreate „automatisch“ unter Festival. Die Förderer, die Presse, auch Künstler, die ich veranstalte, nennen recreate ein Festival. Deshalb lege ich Wert auf die Unterscheidung.
Festival ist inzwischen ein vollkommen inflationärer Begriff, der überall da angewendet wird, wo ein Agglomerat aus irgendwas geboten wird. Es ist einfach ein Wort für gar nichts mehr. Dagegen hab ich mich immer gewehrt.
A.W: Du bist Komponist. Was bedeutet recreate für dich als Künstler?
J.W.: Von einem Künstler erwartet man Kreationen. Und wie wichtig mir Kreationen sind, beweise ich als Veranstalter von recreate oder auch damit, dass ich unter dem Pseudonym Samuel Stieglitz eigene Werke veröffentliche. Von meiner Berufung als Künstler her betrachtet sehe ich aber eigentlich den immateriellen Bereich, den Bereich der geistigen Vorstellungen von Kunst, Musik als meine Aufgabe.
Ich bewege mich „in“ den drei Begriffen Kreator – Kreatur – Kreation und nicht „entlang“ dieser Begriffe. Ich möchte damit sagen, dass ich das alles zugleich bin. Dass ich in mir, in meinem Denken und Handeln diese Ebenen vereinige.
Ich lebendige Kreatur bin lebendige Kreation. Ich lebendige Kreatur denke einen lebendigen Kreator, der unser Aller Ursache ist. Die Auswirkungen davon sind, dass ich die Musik bin, dass die Kunst allein im lebendigen Menschen gegenwärtig ist. Künstler schreiben Werken Aufgaben zu, welche diese heute gar nicht mehr erfüllen können. Sie halten da an etwas fest, was die Sache der Kunst nicht mehr weiterbringt. Mir ist dieser Akt des „Musik-Seins“ viel wichtiger als Werke zu produzieren, abzuliefern.
Im Zeitalter der „Kreativität“, und dieses Wort ist heute der Massenartikel Nr. 1, hat sich Kreation verselbstständigt. „Kreativ sein“ ist ein Rezept. Solange wir unser Kunstverständnis über das Herstellen von Kunstwerken, den Kunstmarkt, die Kunstuniversitäten, oder über Geschmack, Qualität, Innovation, Stil, Ästhetik, usw. definieren, solange wir darin gefangenbleiben, sind wir nicht dort, wo ich ansetze. Wenn ich immer wieder von „recreate ist lebendig“ spreche, meine ich genau das.
Interview von Anna Katharina Wohlgenannt
Juni 2012